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Posts Tagged ‘Rachel Joy Scott’

Unvermutet schnell (ich bin immer noch beeindruckt) trudelte letzte Woche die I’m Not Ashamed-DVD ein. Lieferung aus den USA innerhalb von 2 Wochen? Und das bei normalem Versand. Da war Outlander 2 bei Versand innerhalb Deutschlands fast langsamer.
Ich war wie erwähnt neugierig zu sehen, was die Filmemacher aus dem Stoff gemacht hatten. Die Antwort: erschütternd wenig. Ich habe grundsätzlich kein Problem damit, daß in Biopics Dinge verändert werden, aber ich erwarte doch, daß das Leben der dargestellten Person zumindest halbwegs korrekt präsentiert wird. Ich habe auch grundsätzlich kein Problem mit christlichen Filmen, aber I’m Not Ashamed gehört leider zu den krasseren Vertretern seiner Art. Bei Rachel Scotts Mutter Beth Nimmo als treibender Kraft hinter der Produktion war so etwas leider zu befürchten – sie folgt einer recht fundamentalistischen, evangelikalen Ausübung des Christentums.

Bizarr ist die Zusammenlegung mehrerer realer Personen in einer fiktionalen Figur. Klar: Nicht jeder möchte seinen Namen in einem Film wiederfinden, besonders in einem christlichen Film. Anonymität ist somit völlig okay. Es ist allerdings eine Beleidigung, wie viele fiktive Gegenstücke der immer noch klar zu erkennenden realen Personen geschrieben sind. Ich als, sagen wir, Andrew Robinson, Steve Partridge oder Brooks Brown wäre not amused. Ob Darrell Scott bewußt nicht genannt werden wollte oder ob er kurzerhand aus der Handlung herausgeschrieben wurde, möchte ich nicht spekulieren. Es ist auch nicht so, daß das, was Rachel Scott ausmachte, weder ihre Persönlichkeit noch ihr Glauben, in irgendeiner Form realistisch vermittelt wird. Rachel hatte einen großen Freundeskreis, sie war überall beliebt – wo bleibt das im Film? Nein, I’m Not Ashamed sieht sich in erster Linie wie ein Lehrstück. Oder, Schrecken, wie eine dieser fürchterlichen Aufführungen, denen wir in der Realschule ständig ausgesetzt wurden – AIDS, Neo-Nazis, Drogen; Kinder, laßt euch belehren, dies und dies ist böse und dieses und jenes Verhalten wird zu einem schrecklichen Ende führen. Ich kann bis heute nicht glauben, daß jemand ernsthaft glaubte, diese Moralstücke würden zu einer sittlichen Hebung der Jugend führen oder was auch immer. Aber offensichtlich gibt es diese Zunft immer noch. Somit wurde Rachel Scotts Geschichte umgeschrieben in ein Moralstück für die christliche Jugend, denn, ganz ehrlich, bekehren kann man damit niemanden. Partys, Alkohol und Zigaretten sind böse, ein nicht-christlicher Freund ist böse, und die ganze moderne Jugend ist insgeheim unglücklich und verloren und braucht Jesus.

Ich verstehe zumindest nun genau, warum der Filmstart letztes Jahr im April verschoben wurde auf Oktober. Hatte bereits gemutmaßt, daß Sue Klebolds im Februar erschienenes Buch der Anlaß war, und, jep, nach ihrer alles hinterfragenden Analyse über die Mittäterschaft ihres Sohnes an der Columbine-Schießerei ist Dylans und Erics Darstellung in I’m Not Ashamed reichlich klischeebeladen. Man wartet die ganze Zeit darauf, daß Satan hinter der Kommode vorspringt oder ähnliches.

Schade. Gutes Thema zielsicher verfehlt.

Um aber fairerweise die wenigen gelungenen Dinge auch zu erwähnen: Es gibt viele kleine Szenen abseits der „message“, in denen Rachels Persönlichkeit doch durchscheinen darf. In die Dialoge werden Originalzitate von Rachel, Eric, Dylan und Brooks eingebaut, und Originalvideoaufnahmen werden entweder gezeigt oder nachgestellt.

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