In der Nachlese von Soul Survivor orderte ich das Buch Children’s Past Lives von Carol Bowman, die in der Geschichte der Leiningers eine Rolle spielte und auch das Vorwort für deren Buch verfaßte. Ich erspare mir hier eine Rezension und weise statt dessen auf ein paar Punkte hin, die mir auffielen, sowohl im Buch als auch in diversen Kommentaren auf der Leininger-Website. Die Grenze zwischen wirklichen Erinnerungen an frühere Leben und Wunschdenken oder Einbildung ist eine schmale. Gerade Rückführung ist keine narrensichere Methode, sondern es können in der Tiefenentspannung viele unterschiedliche Einflüsse zusammenkommen, um ein vermeintliches früheres Leben zu erschaffen. Ich warne davor, alles für bare Münze zu nehmen, was man dort zu sehen bekommt. Eine Lehrerin für Selbstheilung, die Tiefenentspannung anwendet, riet sehr weise, nicht zu interpretieren.
Vielleicht spricht hier auch die Forscherin aus mir – eine Quelle ist gut, mehrere Quellen, die sich gegenseitig bestätigen, sind besser.
Was sehe ich nun an voreiligen Rückschlüssen in Carol Bowmans Buch? So einiges. Wenn ein jüdischer Junge von einem früheren Leben erzählt, in dem er getötet worden sei und die Täter seine Silberzähne gestohlen hätten, und seine Mutter interpretiert das sofort als eine Holocaust-Begebenheit. Das ist ein voreiliger Rückschluß aufgrund des kulturellen/religiösen Hintergrundes. Vielleicht hat sie recht; genausogut kann es ein ganz anderes Leben gewesen sein. Silberzähne gab es schon früher und somit auch Leute, die sie aus dem Mund von Toten stahlen. Wenn eine andere Mutter eine gerade Linie zieht von den Erinnerungen ihres Sohnes an dessen Tod als deutscher Flieger im Zweiten Weltkrieg (diese Erinnerungen klingen authentisch) zu seinem blonden, hellhäutigen Aussehen im Vergleich zu seinen dunkelhaarigen Geschwistern… weil ja bekanntlich alle Deutschen blond sind oder es zumindest im Deutschland der Zeit waren. Argh!* Begeisterung in allen Ehren, aber da möge man doch bitte auf dem Teppich bleiben.
Ach ja, weil es sich mit etwas überschneidet, was mich die Tage erst mit den Augen rollen ließ. Auch auf die Gefahr hin, daß diese Thematik eine Menge Leser anziehen könnte, die sonst niemals dieses Blog gefunden hätten. Carol Bowman nennt an einer Stelle das Leben des zweiten Jungen das eines „Nazi-Piloten“. Kürzlich sah ich die MST3K-Episode Warrior of the Lost World, in der Tom Servo bemerkt: „I still don’t get the black Nazi.“ Er spricht von einem post-apokalyptischen Bandenangehörigen in SS-Uniform. Und ich seufze kellertief und denke mir: Definition, Leute!
Strikt gesehen sind Nazis Angehörige der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei, nichts weiter. Man kann das meinetwegen erweitern auf Leute, die mit den Ideen derselbigen übereinstimmen. Und das ist das. Nun fanden sich allerdings auch Leute in der Partei, die mit deren Ideen nicht übereinstimmten, sondern eintraten, weil sie ein öffentliches Amt bekleideten – Schulleiter zum Beispiel. Also Nazis, ohne Nazis zu sein. Und auch wenn manche Leute das nicht hören wollen, nicht alle SS-Angehörigen waren Nazis. Wenn man als junger Mann im Militär landete und eine gewisse Körpergröße überschritt (und natürlich eine „arische“ Abstammung hatte), war man drin im Club. Ich glaube, mein Opa Wilfried aus der Familie der langen Lulatsche kam nur drumherum, weil er schon 33 war, als er eingezogen wurde. Es wird aber noch besser, denn mit neuen Verbündeten (und zunehmendem Truppenmangel) entstanden neue SS-Verbände aus anderen Ländern, und ich spreche hier nicht von Skandinavien oder Frankreich, sondern von slawischen Ländern, was die „echten“ SSler einigermaßen erboste. Somit ist der schwarze SS-Mann, über den Tom Servo sich wundert, gar nicht mal so weit hergeholt. Nur seine Bezeichnung ist unpräzise, ebenso wie Carol Bowmans. Es gab bestimmt Nazi-Piloten, und es gab bestimmt Luftwaffe-Piloten, die keine Nazis waren.
Ja, man hat mich schon als pingelig bezeichnet. Ich nenne es korrekt.
* Auch in der kürzlich entdeckten Serie When the Boat Comes In (Bericht folgt): Der einzige auftretende Deutsche wurde natürlich blond gefärbt. Seufz.
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